Grenzen setzen und Bedürfnisse sehen

Warum meine Kinder nur im Bad Zähneputzen dürfen und wie ich trotzdem ihre Bedürfnisse sehe

Als Eltern müssen wir Grenzen setzen. Und ich sehe viele Eltern damit kämpfen. Stattdessen bitten sie fast um Erlaubnis. Weil es für sie schwer ist, ihr Kind weinend oder frustriert zu sehen. Aber all diese Gefühle gehören zum Leben. Und ganz ehrlich, wir sterben nicht, wenn wir sie durchleben und erleben. Tatsächlich werden wir, je mehr wir Wut und Frustration erleben, lernen, dass das Leben weitergeht und wir uns erholen können. Wir werden also widerstandsfähiger – oder in diesem Fall unsere Kinder.

Nochmal kurze Wiederholung: Grenzen bestimmen, was für jemanden okay ist und was nicht. Wenn eine Grenze überschritten wird, handelst du und wahrst somit deine Grenze. Der andere muss nicht vordergründig etwas tun, es kann aber sein, er wird aus dem Wasser getragen, von der Couch gehoben oder gar festgehalten, das passiert zum Beispiel, wenn du dafür sorgst, dass dein Kind sicher über eine Straße geht.

Wie flexibel willst du sein?

Heute habe ich einen Beitrag gelesen, in dem eine Mutter fragte, was sie tun soll, wenn ihr Kleinkind Schwierigkeiten beim Zähneputzen hat, wenn es also einfach nicht Zähneputzen will. Ein Rat für die Eltern war, flexibel beim Ort des Zähneputzens zu sein. Nicht nur im Badezimmer, sondern im ganzen Haus. Uff!

Ich kann mir nicht vorstellen, die Zähne meines Kindes zu putzen und gleichzeitig darauf achten zu müssen, keine Sauerei auf der Couch zu machen. Auf keinen Fall. Das Zähneputzen findet im Badezimmer statt, für meine Kinder vor dem Waschbecken – es gibt einfach gute Gründe dafür!

Ich habe eine Grenze, wo das Zähneputzen stattfindet, und darüber gibt es keine Diskussion. Weil ich es so mag. Und ja, das ist genug. Du brauchst nicht allen Vorschlägen oder Bitten deines Kindes zu folgen. Das wäre sogar schlecht für sie. Sie sollen doch lernen, selbst klare Grenzen zu haben und zu setzen. Und das geschieht, indem wir ihnen dieses Grenzensetzen vorleben. Ach ja, das tut übrigens auch dem Sofa gut;-)

Welche Bedürfnisse stecken hinter dem Verhalten?

Natürlich ist das noch nicht alles. Du sollst klare Grenzen ziehen. Unbedingt. Gleichzeitig ist es wichtig, zu schauen, welche Bedürfnisse bei dem Kind gerade verhindern, dass es beim Zähneputzen mitmacht.

Bei Language of Listening® schauen wir grundsätzlich der Einfachheit halber nur nach drei Bedürfnissen. Erfahrung (dazu gehört auch Spiel und Spaß), Verbundenheit und Power. Manchmal hilft es, das Zähneputzen einfach mit mehr Leichtigkeit anzugehen. Denn natürlich spüren Kinder auch den Druck, der sich in so einer Situation aufbauen kann und dann kommt es eher zum Widerstand.

Bedürfnis nach Erfahrung (im weitesten Sinne)

Also vielleicht könnt ihr ein kleines Spiel daraus machen, die Zahnbürste erkundet den Mund, oder es gibt ein Zähneputzlied oder eine Handpuppe kommentiert das Ganze. Das kann helfen. Es kann auch helfen, einfach ehrlich zu sein und zu sagen:

„Schatz, jetzt ist Zähneputzen dran und ich hab heut keinen Nerv den Bespaßungsclown rauszuholen. Hast Du eine Idee, wie du das so hinkriegst?“ Oder: „Ich kann heut zwar nicht x machen, aber y wär okay.“

So kommt ihr in die Verbindung, und das hilft ganz oft, solche Kämpfe aufzulösen. Grundsätzlich geht es immer darum, dass ein Kind gehört werden will. Wenn es also nicht Zähneputzen will, dann frag ruhig, was los ist. Je nach Alter kann es aber eben auch sein, dass das wenig Sinn hat und dann brauchst du Gespür für die Situation.

Bedürfnis nach Verbindung

Das Bedürfnis nach Erfahrung hab ich oben bereits erörtert. Was, wenn es eher das Bedürfnis nach Verbindung ist? Das erkennst Du daran, dass das Kind lieber mit dir kuschelt, dir was erzählen will, oder es weint und eigentlich ziemlich fertig ist. Das ist ein Zeichen für das Bedürfnis nach Selbstverbundenheit – in dem Falle Ruhe. Wenn du diese Bedürfnisse erkennst, kannst du viel besser auf das Verhalten deines Kindes eingehen und seine Bedürfnisse erfüllen, sodass das Zähneputzen nicht so ein Kampf wird. Es hilft ganz sehr, dein Kind in seinen Bedürfnissen einfach nur zu sehen und das auszusprechen.

„Du hast jetzt gar keine Lust auf Zähneputzen, du würdest am liebsten gleich so ins Bett fallen. Das wär herrlich.“ Oder: „Du würdest jetzt viel lieber noch Duplo spielen und hast noch gar keine Lust, dich bettfertig zu machen“.

Ergebnis: dein Kind fühlt sich gehört und ihr könnt so auch in einen Dialog kommen.

Bedürfnis nach Power

Es kann auch sein, dein Kind hat das Bedürfnis nach Power bzw. Selbstbestimmung. Das passiert vor allem, wenn es viel das machen muss, was andere sagen. Dann kommt einfach irgendwann der Punkt, an dem das Kind nicht mehr kooperieren will. Das kann beim Zähneputzen sein, beim Essen oder wenn ihr einen Ausflug machen wollt.

Es sagt einfach: „NEIN“.

Na super, denkst du dir, und was jetzt? Das ist auf jeden Fall einen extra Blogartikel wert, aber hier in aller Kürze: Erstmal hören und sagen, was du siehst, unser Tool, von Language of Listening®. Zum Beispiel so: „Du willst überhaupt nicht Zähneputzen, ich hör dich.“ Hier kannst du eine Grenze setzen: „und Zähneputzen muss sein. Jeden Tag, damit die Zähne gesund bleiben“. Jetzt gehts zum CAN DO: „So, was können wir jetzt machen?“ Du hast gemerkt, dein Kind braucht Power, also gib ihm hier entweder die volle Freiheit selbst mit einem CAN DO zu kommen oder ein paar Auswahlmöglichkeiten.

„Willst du allein putzen, oder soll ich dir helfen?“ oder „wollen wir ein Zahnputzlied singen oder nicht?“ oder auch „welches Lied wollen wir dabei singen?“

Es gibt tausend Möglichkeiten, aber mach unbedingt etwas, das wirklich für dich okay ist. Verbieg dich nicht, das ist langfristig nicht gut, weil es dich ausbrennt und frustriert und dann kann es passieren, dass du irgendwann explodierst und das hinterher bereust. Parenting soll ja nicht nur für dein Kind gut sein, sondern auch für dich. Wir lernen oft so viel über uns selbst bei dieser Aufgabe, und es ist mir ein Anliegen, dass du bei allem, was du für dein Kind machst, auch deine Bedürfnisse nicht aus dem Blick verlierst. In dem Sinne, setz Grenzen und wenn diese ehrlich und authentisch sind, bist du dabei ein Vorbild für dein Kind.

Und jetzt Du

Was nimmst Du mit, was hat Dich verwundert, worüber wüsstest Du gern mehr?
Oder hast Du selbst ein Beispiel und fragst Dich, wie Du jetzt in einer Situation regieren solltest? Hinterlass hier gern einen Kommentar oder Deine Fragen, ich antworte bestimmt.

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